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Thomas Felder
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Buttenhausen - eine Reportage

Buttenhausen, mein kleines Jerusalem (II)

           Aus “Holzweg” - Ausschnitt aus der Radierung


Ich wurde um einen Gestaltungs- und Kostenentwurf für das Mahnmal gebeten. Ursprünglich war an eine schlichte Metallplatte auf einem Kalksteinfindling gedacht. Bei der Frage nach dem Standort erhielt ich die Information, eine Platzierung in der Dorfmitte stoße auf Widerstand bei der Dorfbevölkerung. Man sei die Gedenktafeln satt. Deshalb dachten wir an den jüdischen Friedhof, wobei sich allerdings die israelitische Gemeinde Stuttgart als Hausherrin mit einer Genehmigung zurückhielt. Schließlich blieb noch der Bereich vor dem Friedhof am Ortsrand als sinnvolle Möglichkeit einer Freiland-Installation.

Je mehr mich die ganze Geschichte beschäftigte, desto klarer wurde mir: Die Verbrechen waren so ungeheuerlich, daß ich sie nicht mit einer weiteren
Tafel unter »ferner liefen« abhaken kann und darf. Ich suchte nach einer unauffälligen symbolischen Gestaltung in einem körperlich-sinnlich erlebbaren Raum. Der Pfad von der Straße zum jüdischen Friedhof in Buttenhausen ist etwa hundert Meter lang. Hätte man die Toten hier in einer Reihe aufgebahrt, so könnte sich dem ein Vorübergehender kaum entziehen. Der Weg selbst könnte das Denkmal sein und zum Er-Innern einladen. Mein erster Vorschlag war: Sanieren wir den oft matschigen Grasweg zum Judenfriedhof unter Einbeziehung beschrifteter Betonplatten, welche die Namen aller aus Buttenhausen verschleppten Juden tragen, als Mahnung und zur Erinnerung an die Unzähligen, die spurlos verschwinden und nicht den Weg zum Friedhof finden bis heute.

Anfangs erhielt ich noch eine eingeschränkte Zustimmung von der Stadtverwaltung: »Ihr Vorschlag mit den Bodenplatten ist sehr interessant und sicher eine gute Lösung; allerdings haben wir die Befürchtung, daß sich dies von der Kostenseite her nicht realisieren läßt. Wir gehen davon aus, daß von Ihrer Seite DM 1000,- eingebracht werden, die durch eine gewisse -
diesen Betrag aber sicher nicht übersteigende - Ergänzungsfinanzierung der
Stadt aufgebessert werden.
« Ich rechnete aus, daß die Stadt mit Hilfe eines Workcamps von Schülern vielleicht sogar billiger wegkommen kann, zumal eine Sanierung des Wegs ohnehin bereits in Auftrag stand und auch die Fahrzeuge des Bauhofs genutzt werden können. In einer detaillierten Bauanleitung mit ausführlicher Werkzeug- und Materialliste stellte ich dar, wie man für DM 500,- einhundertachzig Platten der Maße 20x50 cm und eine größere, armierte Betonplatte 175x50 cm herstellen und beschriften kann. Als Arbeitsfläche ging ich von einem ca. 50 qm großen, ebenen Estrichboden aus, der möglichst überdacht sein sollte.
Die Antwort der Stadt gab mir schon eine Vorahnung, welchen Holzweg das Projekt einschlagen würde, wenn keine unabhängigen Fürsprecher mehr dazustoßen: »Mit Ihrem Vorschlag einer 25 qm umfassenden Bodenplatte mit den Namen der ermordeten jüdischen Bürger und auch der Idee, Schüler diese Arbeit ausführen zu lassen, ist ... ein ganz neuer Plan entstanden. Ich bin mir nicht sicher, ob wir mit dieser "handgestrickten³ Lösung der Sache gerecht werden ...«


Aus “Holzweg” - Der Weg zum Gutort,
dem jüdischen Friedhof zu Buttenhausen

Von der israelitischen Gemeinde wurden die Betonplatten übrigens grundsätzlich begrüßt, allerdings nicht auf dem Boden, wo man die Leute wieder mit Füßen tritt, sondern am Wegrand. So reifte in mir der Gedanke, den Pfad hangseitig mit kleineren, unbehauenen Findlingen zu flankieren, die ruhig ein wenig einwachsen dürfen.
Auf Dienstag, den 27. Juli 1999, 14 Uhr wurde ich zu einem Treffen mit folgenden Leuten zur Ortsbesichtigung und Projektbesprechung am Eingang zum Jüdischen Friedhof in Buttenhausen eingeladen: Bürgermeister Münzing, Stadtarchivar Deigendesch, Ortsvorsteher Ott. An Vertreter der israelitischen Gemeinde war nicht gedacht, also nahm ich in Stuttgart persönlich Kontakt auf und erhielt die Zusagen der Herren Arno Fern und Raphael Mizrahi. Außerdem von Herrn Stockburger, Töpfer und damals im Ortschaftsrat Buttenhausen.

Zur Veranschaulichung meines Vorschlags legte ich einige Tage vorher zusammen mit meiner Freundin Bettina Beutler vier längliche Mustersteine ins Gras an den Wegrand, die aber unmittelbar danach wieder verschwunden waren.
Ein Anruf bei Herrn Ott ergab folgendes: Er selbst hatte die Steine zusammen mit seinem Sohn entfernt. Er habe die Geschichte von Buttenhausen aufgearbeitet und dulde keine Veränderung an seinem Lebenswerk, verstand ich am Telefon. Außerdem sei er tief gekränkt, daß man hinter seinem Rücken so etwas plane.

Am 20. Juli 1999 erhielt ich lapidar die Fax-Nachricht von der Stadt Münsingen, das Treffen könne aus Zeitgründen nicht stattfinden, ein neuer Termin werde noch mitgeteilt. Die Art, wie von Seiten der Stadt ein solcher Ortstermin behandelt und schließlich abgeblasen wurde, zeigte mir wieder den Stellenwert des Projekts. Unter gegebenen Umständen fühlte ich mich nicht gerade besonders herzlich dazu eingeladen. Vor allem mußte ich die Peinlichkeit auf mich nehmen, den genannten Leuten allesamt wieder abzusagen.

Nachdem ich meinen Unmut kundgetan hatte, kam eine Erklärung aus Münsingen, das Landratsamt habe kurzfristig zu einer Sitzung geladen, man wolle mich nicht zum Narren halten. Neuer Termin: 1. September 14 Uhr. Die Stadt versprach mir von sich aus alle genannten unabhängigen Leute erneut einladen. Keiner von ihnen war dabei, als das Projekt schließlich vor Ort besprochen werden sollte.
Von Raphael Mizrahi weiß ich, daß er von Seiten der Stadt nicht über einen neuen Termin informiert wurde. Da mein Anschauungsmaterial schon beseitigt war, gab es auch gar nichts mehr zu besprechen. Herr Ott stemmte sich mit Nachdruck gegen jede Veränderung. Mit den Herren Münzing und Deigendesch wurde ich einig, daß wenigstens eine Gedenktafel im Museum der Bernheimerschen Realschule aufgehängt wird. Herr Ott reichte mir zum Dank für mein Abrücken vom ursprünglichen Plan die Hand. Er sei sehr erleichtert. Bei einem zweiten Termin in der Realschule gab er mir wieder die Hand, schaute aber dabei betont zur Seite. Er beklagte das viele Geld für so eine Gedenktafel. Der Sportverein könne es nötiger gebrauchen. Ich erklärte ihm, daß das Geld für die Tafel längst bereit liege und daß der Gemeinde keinerlei Kosten entstünden, aber offenbar hatte er gerade ganz andere Sorgen. Ich wusste damals noch nicht, daß seine Wiederwahl in Zweifel stand. Immerhin einigten wir uns darauf, daß eine gravierte, in Holz gerahmte Metallplatte des Formats 100x60 cm im hinteren Zimmer der Gedenkstätte an die Wand gehängt werden soll.



Aus “Holzweg” - Die Gedenktafel, wie sie am 12.November 2000
in der Bernheimerschen Realschule zu Buttenhausen enthüllt wurde.

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Bild 105 aufgenommen am 12.11.2000 in Buttenhausen

Christiane Zeul während ihres Auftrittes mit Thomas Felder bei der Gedenktafeleinweihung in der Bernheimerschen Realschule in Buttenhausen am 12.11.2000.

Bild 106 aufgenommen am 12.11.2000 in Buttenhausen
Bild 107 aufgenommen am 12.11.2000 in Buttenhausen
Bild 108 aufgenommen am 12.11.2000 in Buttenhausen

Thomas Felder, aufgenommen während seines Auftrittes bei der Gedenktafeleinweihung in der Bernheimerschen Realschule in Buttenhausen am 12.11.2000.

Bild 109 aufgenommen am 12.11.2000 in Buttenhausen
Bild 110 aufgenommen am 12.11.2000 in Buttenhausen
Bild 111 aufgenommen am 12.11.2000 in Buttenhausen
Bild 112 aufgenommen am 12.11.2000 in Buttenhausen

Raphael Mizrahi,
Vertreter von Yad Vashem,Jerusalem
und der Israelitischen Gemeinde Stuttgart
während seiner Grußworte bei der Gedenktafeleinweihung in der Bernheimerschen Realschule in Buttenhausen am 12.11.2000
.

Bild 113 aufgenommen am 12.11.2000 in Buttenhausen
Bild 114 aufgenommen am 12.11.2000 in Buttenhausen
Bild 115 aufgenommen am 12.11.2000 in Buttenhausen
Bild 116 aufgenommen am 12.11.2000 in Buttenhausen
Bild 117 aufgenommen am 12.11.2000 in Buttenhausen
Bild 118 aufgenommen am 12.11.2000 in Buttenhausen
Bild 119 aufgenommen am 12.11.2000 in Buttenhausen

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